Sahra contra Ukraine

Wagenknecht als Sprachrohr des Kremls

Von Wolfgang Mayr

Ja, aber. Sahra Wagenknecht “lehnt” zwar verbal die russische Invasion in der Ukraine ab, um im gleichen Atemzug der Ukraine plus den Westen die Verantwortung für den Krieg aufzuladen. Eine Schuldumkehr, Sahra Wagenknecht und ihre Linke, im Verbund mit der rechtsradikalen AfD, konstruieren aus dem Opfer den Täter.

Wagenknecht lehnt Waffenlieferungen an die Ukraine ab, die rechte Linkspopulistin fordert die Aufhebung der anti-russischen Sanktionen und Friedensverhandlungen, wirft dem “Westen” vor, die russischen Friedensverhandlungen torpediert zu haben. Ein gern erzähltes Märchen aus Moskau, von den nützlichen Idioten im Westen auch gern nacherzählt.

Jüngst legte der russische Kriegspräsident nach. Die Ukraine erkennt die Annexion des Ostukraine und der Krym an, bleibt neutral, also weder EU noch Nato-Mitgliedschaft und schon ist der Krieg zu Ende. Pazifisten mit dem ideologischen Brett vor dem Kopf und die “russischen” Parteien in Deutschland, BSW und AfD applaudieren fast schon hysterisch vor Freude über diesen russischen Friedenswillen.

Gegen EU-Beitritt der Ukraine

Jetzt legte Wagenknecht nach. Sie ist “sehr deutlich” gegen einen Beitritt der Ukraine zur EU. Laut Wagenknecht fehlen die Voraussetzungen. Sie findet es verantwortungslos, dass die Bundesregierung dem EU-Betritt zustimmt.

Ihre Argumentation: Ein EU-Beitritt der Ukraine wird zu einem Millionengrab für deutsche Steuerzahler. Außerdem fehlen elementare wirtschaftliche Voraussetzungen, im Land herrscht Korruption und mangelnde Rechtsstaatlichkeit und – ganz im Sinne der Putin-Propaganda – die Ukraine verehrt einen Mann, dessen Milizen sich am Holocaust beteiligt haben. Stepan Bandera.

Nicht der Siegeszug der Rechtsradikalen in die europäischen Parlamente läutet das Ende der EU ein, sondern der EU-Beitritt der Ukraine: Das Land ist der “Grabstein Europas“.

Naja, die Korruption in Bulgarien, Rumänien, in Ungarn, in der Slowakei, in Italien ist sprichwörtlich. Italienische Anti-Mafia-Ermittler sehen in Deutschland die große Geldwaschmaschine der Mafia. Man lese bei transparency international nach.

Die Rechtsstaatlichkeit empfindlich verletzt ist in Ungarn genauso wie in der Slowakei, die neue polnische Regierung musste die von der rechten PIS-Regierung verletzte Rechtsstaatlichkeit reparieren, wenig rechtsstaatlich agierte Spanien gegen die katalanischen Separatisten.

Ja, zweifelsohne, die Ukraine muss viel aufholen, mehrere Jahrhunderte russischen Kolonialismus und anschließend fast ein Hundert Jahre Sowjet-Kommunismus haben ihre tiefen Spuren hinterlassen. Die Ukraine benötigt hier die EU-Hilfe, die moralische, die technische und die finanzielle, um zu einem “normalen” europäischen Land zu werden.

Faschist Pandera, Vater der Ukraine

Schräg werden aber die Vorwürfe, die Wagenknecht die Ukraine kurzerhand kollektiv ins Nazi-Ecke stellt. Eines der angeblichen Motive, warum Putin seine marodierende Armee über das Land herfallen lässt. Die Ukrainer:innen sollen von den Neo-Nazis befreit werden. 

In ihrem anti-ukrainischen “Kampf” zitiert Wagenknecht Stepan Bandera, er wird von der Ukraine verehrte. Er wird verehrt, weil er im Zweiten Weltkrieg mit seinen Partisanen gegen die Sowjets kämpfte, für die ukrainische Unabhängigkeit. Manchmal auch im Bündnis mit der deutschen Wehrmacht. Für die Sowjets und jetzt für den Ex-Sowjet Putin ist Pandera der Inbegriff des ukrainischen Faschismus. 

Fakt ist, dass die von Bandera angeführte „Organisation ukrainischer Nationalisten (OUN)“ an Kriegsverbrechen der Nazis beteiligt war. An Massakern an Juden und Polen. Sie erwähnt aber nicht, dass die Nazis aber auch die Bandera-Partisanen verfolgten. Genauso wenig erwähnt Wagenknecht die ukrainischen Opfer des rassistischen Eroberungsfeldzugs der Nazis. Kein Wort darüber, wie sich ab 1930 das nationalsozialistische Deutschland und die stalinistische Sowjetunion Ost-Europa aufgeteilt haben. 

Von Nazis gelernt

Die Ost-Europa-Historikerin Franziska Davies kritisierte ukrainische Politiker, die Stepan Bandera als patriotische Leuchtfigur beschreiben. Sie rät aber Deutschen ab, “den im Krieg leidenden Menschen Ratschläge” zu erteilen. Davies rückt aber auch klar, eine kleine Minderheit verehrt Bandera. Der US-Historiker Timothy Snyder erinnerte in seinem Standard-Werk “Bloodlands” daran, die Fähigkeit zum Massenmorden brachten den Bandera-Partisanen deutsche Wehrmachtsoffiziere bei.

Wagenknecht erzählt die Bandera-Geschichte in Fortsetzung weiter. Nicht nur ihr Anhang lauscht begeistert hin. Sie spielen das Spiel des Kremls, der anlässlich des sowjetischen Sieges über Nazi-Deutschland am 8. Mai die Ukraine als Hort von Nazis verunglimpfte. Ukraineverstehen tauchte tief in die schreckliche Bandera-Geschichte ein, Nachlesbares in Sachen historischer Aufarbeitung und Einordnung politischer und gesellschaftlicher Diskussionen in der Ukraine.

Offensichtlich teilt Wagenknecht die anti-ukrainische “Philosophie” Putins, findet wahrscheinlich das russische Morden in der Ukraine vertretbar, geht es doch gegen Nazis. Eine Argumentationsschiene, auf der auch die AfD unterwegs ist. Ausgerechnet die AfD, in Teilen rechtsextrem, die kürzlich in Kaliningrad, dem einstigen Königsberg in Ostpreußen, die deutsch-russische Freundschaft feierte. Wie schon 1939.

Nach Kriegsende musste das geschlagene Deutschland Land abtreten und “Wiedergutmachung” leisten. Für die vielen Toten und für die massive Zerstörung sollte Russland zahlen. Das dafür notwendige Geld liegt in Konten europäischer Banken, geklautes Geld der Eliten, Oligarchen und Regime-Träger. Beschlagnahmt es.

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