22-07-2022
Land Back
Indigene AktivistInnen mobilisieren in Kanada und in den USA
Von Wolfgang Mayr
Landback bemüht sich seit Generationen, indigenes Land wieder in indigene Hände zu bringen. Derzeit gibt es Landback-Schlachten überall auf Turtle Island, im Norden und Süden, so stellen sich die Aktiven vor.
Im Visier der Proteste ist der Mount Rushmore in Süd-Dakota mit dem übermächtigen Köpfen verschiedener US-Präsidenten, entworfen von einem Bildhauer, der mit dem Ku-Klux-Klan sympathisierte. Der ehemalige US-Präsident Trump wählte die Kulisse für seinen gescheiterten Präsidentschafts-Wahlkampf.
Für die Landback-Mitglieder ist die Granitskulptur ein Symbol weißer Vorherrschaft, für Unterdrückung und Gewalt. Die Demonstrierenden forderten die Rückgabe gestohlenen Landes. Seit Jahrhunderten schon. Auf zwei Erfolge verweisen die Landback-AktivistInnen, auf den Abbau von Dämmen am Klamath River nach einer langen Kampagne der Yurok und auf die Rückgabe von 1.200 Hektar im kalifornischen Big Sur an die ehemals landlosen Esselen. Teil eines eines größeren 4,5-Millionen-Dollar-Land-Deals. Die Esselen wollen die uralten Wälder, das Wild und den Little Sur River schützen.
Land back, davon gibt es eine ganze Reihe weiterer Beispiele: Die Wiyot auf Duluwat Island in der Humboldt-Bay an der kalifornischen Nordküste erhielten 2004 vom Stadtrat von Eureka einen Teil ihres Landes zurück. 2006 erhielten die Wiyot weitere 60 Hektar. In Kalifornien wurde ein eigenes Rückkauf-Programm entwickelt.
Den Mashpee Wampanoag in Massachusetts wurde 2007 120 Hektar Land in „Treuhand“, Reservatsland übergtragen. Eine Schmalspur-Wiedergutmachung, die in einem noch immer andauernden Rechtsstreit hängt.
Im Oktober 2018 gab Vancouver im kanadischen British Columbia den Musqueam deren alteGrabstätten zurück.
2019 übertrug die United Methodist Church an die Wyandotte Nation in Oklahoma altes Stammesland. Die US-Regierung hatte den Wyandotte 1819 60.000 ha Land in Kansas versprochen. Als 664 Wyandotte ankamen, war das Land bereits vergeben worden.
Land auf der Saanich-Halbinsel in British Columbia wurde 2020 den Tsartlip zurückgegeben.
2021 gingen 7.600 Hektar der National Bison Range – auf Initiative des US Fish and Wildlife-Services – auf die konföderierten Salish- und Kootenai über.
Inzwischen gibt es auch Druck von Seiten des Bundes. So sieht das Land Buy-Back Program for Tribal Nations des US-Innenministeriums den Ankauf von ehemaligen Stammesland vor. Das Programm gilt als ein besonderes Anliegen von Innenministerin Deb Haaland.
Dem vorausgegangen war ein jahrelanger Rechtsstreit Cobell v. Salazar, mit einer Reihe Entscheidungen zugunsten mehrerer Reservatsverwaltungen. Bis 2016 erhielten Landbesitzer für verlorenes Land eine Wiedergutmachung in der Höhe von 900 Millionen Dollar. Geschätzte 1,7 Millionen Hektar Land wurden an Reservate übertragen. Weitere 243.000 Landbesitzer fordern die Rückgabe von Land. Dagegen formiert sich inzwischen immer mehr auch der Widerstand.
Dieser Widerstand nutzt der Landback-Bewegung bei ihrer Mobilisierung. Krystal Two Bullsvom Landback-NDN Collective ist überzeugt, dass Land zurückgegeben wird. Genauso geht sie davon aus, dass der Mount Rushmore und öffentliches Land in den Black Hills den Lakota übertragen wird.
Für Nickita Longman, eine Saulteaux der George Gordon First Nation in Saskatchewan, ist Landback ist ein Statement und eine Forderung. Die online operierende Bewegung beschreibt Longman als eine Kombination aus traditioneller Kultur und indigenen Zukunftsperspektiven. Zu den schnellen Zielen zählt Longman Zugang zu nachhaltiger Nahrung und bezahlbarem Wohnraum. Landback bedeutet auch eine Rückkehr zu den alten Sprachen. „Ich hoffe, dass die indigenen Völker in 20 Jahren unsere Sprachen sprechen, Ernährungssouveränität praktizieren und die volle Gerichtsbarkeit über Land und Wasser sowohl in ländlichen als auch in städtischen Räumen ausüben,“ umschreibt Longman das Fernziel.
Longman ist Autorin, Community-Organisatorin und war Gastautorin des Briarpatch-Magazins zur Landback-Bewegung. Dieses Bewegung lässt sich nicht vereinnahmen, sagt Longman, weder von der Wissenschaft noch von der Politik, die das Thema Versöhnunggekapert hatte. Landback unterstützt die Bewegung Idle No More, deren Botschaft: Indigene Souveränität ist Klimaschutz.
Marcus Briggs-Cloud (Grist 50 Fixer) vom Ekvn-Yefolecv Maskoke im US-Bundesstaat Alabama betreibt mit seinen Verwandten auf einer Fläche von 1.175 Hektar Land nachhaltige Wirtschaft: Naturnahe Waldbewirtschaftung, die Aufzucht von Büffeln und Seestören. Zum Dorf-Projekt Ekvn-Yefolecv (bedeutet in Maskoke Rückkehr zur Erde) zählt auch die Revitalisierung der verdrängten Stammessprache.
Das Ökodorf liegt anderthalb Stunden südlich von Birmingham. Traditionelles Maskoke-Land, einst 54 Millionen Hektar groß. Zwischen 1790 und 1832 wurde das Land illegal an die Vereinigten Staaten abgetreten oder von den eindringenden Siedlern geraubt. Aus dem Land das Maskoke wurden Alabama und Georgia. „Als wir darüber nachdachten, wo wir dieses Ökodorf platzieren sollten, wurde offensichtlich, dass wir in unsere traditionelle Heimat zurückkehren,“ sagt Briggs-Cloud über die Standortwahl.
Zu den Zielen des landback-movements zählt auch eine neue Umweltpolitik, ein anderer Naturschutz. Die Botschaft kam an, freut sich die Bewegung. Bereits 2019 betonte der Internationale Klima-Rat IPPC, dass indigene Rechte und Klimaschutz miteinander verflochten sind. Ureinwohner kennen sich im Feuermanagement aus, in der naturnahen Forstwirtschaft, indigene Völker sammelten über Generationen hinweg Wissen über die Ökosysteme. Landrückgabe schafft Gerechtigkeit, indigen verwaltetes Land garantiert eine naturnahe Verwaltung.
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