Mexiko-Chiapas: Neue zapatistische Autonomiekampagne

Die widerständigen Indigenen setzten auf eine neue Phase ihrer Selbstverwaltung

Die indigenen Zapatisten in Chiapas reformieren ihre Autonomie. Foto: Netzwerk der Rebellion & Gemeinsamer Kämpfe

Die indigenen Zapatisten in Chiapas reformieren ihre Autonomie. Foto: Netzwerk der Rebellion & Gemeinsamer Kämpfe

Von Wolfgang Mayr

 

Diese neue Phase nennen die Zapatisten El Comun, „das Gemeinschaftliche“, die Grundlage ihres Lebens. Sie wollen damit an die Lebensweise ihrer Vorfahren anknüpfen. „Nur organisiert haben wir eine Chance, wenn der Sturm kommt,“ sind die Zapatisten überzeugt.

Auf einem Treffen im August im zapatistischen Semillero Comandanta Ramona in Morelia (Landkreis Altamirano) diskutierten die Zapatisten und ihrer Gäste aus aller Welt die Strategien des Widerstandes. Die Zapatisten-Versammlung stand unter dem Leitmotiv „Treffen der Widerstände und Rebellionen: Einige Teile des Ganzen“.

2.000 Zapatistas und 800 Menschen aus 37 Ländern nahmen daran teil. Ziel des Treffens: Kollektives Lernen, Basisdemokratie und internationale Solidarität sollen helfen, die zapatistische Autonomie weiterzuentwickeln.

Über Bildung sollen die zapatistischen Mitglieder befähigt werden, die eigenen Probleme zu analysieren und zu lösen. Zukünftig sollen die Entscheidungen in den Gemeinden getroffen werden.

Ein weiterer Schritt der neuen Phase ist die Öffnung für Nicht-Zapatistas. Sie sollen in Projekte vor allem in den Bereichen Gesundheit, Bildung und kollektive Landwirtschaft eingebunden werden.

Bereits jetzt haben Menschen, die nicht Teil der Bewegung sind, die Möglichkeit, zapatistisches Land unentgeltlich zu bearbeiten und sich selbst zu versorgen.

Ein konkretes Beispiel für diese Zusammenarbeit ist der Bau eines Krankenhauses im Caracol Dolores Hidalgo, an dem Zapatistas und Nicht-Zapatistas gemeinsam arbeiten.

 

Selbstkritische Zapatisten

Das Treffen war zugleich eine Aufforderung, durch Fehler zu lernen. Selbstkritisch gingen die Teilnehmenden auch auf Fehler der zapatistischen Strukturen ein: Unterdrückung und Ungleichheit sei teilweise in den eigenen autonomen Regierungen reproduziert worden. Genannt wurden Korruption, Regelverstöße, Machtmissbrauch oder Abhängigkeit der Basis von kleinen Gruppen in den Räten.

Die Zapatistas kündigten an, ihre Strukturen umzugestalten, um sicherzustellen, dass Entscheidungen von unten kommen, horizontal diskutiert werden und keine Machtkonzentration entsteht.

Es gab auch Lob, für die positiven Erfahrungen mit den „Räten der Guten Regierung“ und den autonomen Gemeinden. Die Autonomie sei auch eine Schule gewesen: „Wir haben viel gelernt, uns selbst zu regieren, im Bildungs-, Gesundheits- und Justizbereich haben wir viel erreicht. Die revolutionären Frauengesetze von 1993 setzen wir in die Praxis um. Wir haben gelernt, im Kollektiv zu arbeiten.“

 

EZLN für Gaza

Die Solidarität mit den Menschen in Gaza war ein durchgehendes Thema des Treffens. Die EZLN eröffnete mit Palästina-Fahnen am 3. August ihr Treffen. Als Zeichen der Unterstützung und Solidarität, sagte EZLN-Sprecher Moisés:

„Heute begeht das kapitalistische System in einem kleinen Teil dieser Erde einen Genozid am palästinensischen Volk. Wir können das nicht vergessen, wir können das nicht beiseiteschieben. Wir sind alle palästinensische Kinder. Heute betrifft es die Menschen in Gaza, morgen wird es uns betreffen.“

Und Moisés ergänzte: „Wir sind in der Lage, Ungerechtigkeiten zu sehen und zu spüren. Diese Empathie verwandelt sich in eine würdige Wut, die wir von Generation zu Generation weitertragen. Wir haben nun auch euren Schmerz gehört und werden ihn unter uns weitererzählen.“

Die zapatistischen Teilnehmenden bekannten sich zur Lebensweise ihre Vorfahren, deshalb wollen alte Praktiken der Vorfahren wiederbeleben und traditionelles Wissen weitergeben. Die Zukunft wurde eingeladen, die Rebellion fortzuführen und die Mutter Erde zu respektieren und zu schützen.

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