Spanien für Palästina

Repression in Katalonien

Von Wolfgang Mayr

Vicent Partal vom katalanischen Nachrichtenportal vilaweb ist für die Zweistaatenlösung in Palästina. Er begrüßt die Entscheidung der sozialdemokratischen Regierung Spaniens, gemeinsam mit Irland und Norwegen den arabischen Teil Palästinas als Staat anzuerkennen.

Laut Partal die einzige vernünftige Lösung für den jüdisch-arabischen Konflikt. Eine Zweistaatenlösung innerhalb der Grenzen von 1947, die Grundlage ist der damalige UN-Teilungsplan.

Nur, ergänzt Partal, macht diese Lösung jetzt keinen Sinn. Mit seiner rabiaten Siedlungspolitik im Westjordan-Land und mit dem unverhältnismäßigen Krieg im Gaza verunmöglicht Israel die Gründung eines palästinensischen Staates.

Aber, würdigt Partal den spanischen Ministerpräsidenten Sanchez, die Anerkennung der palästinensischen Eigenstaatlichkeit ist mutig. Und für die katalanischen Sezessionisten eine Perspektive, findet Partal vom katalanischen Nachrichtenportal vilaweb.

Partal erinnert an das katalanische Unabhängigkeitsreferendum und die darauf folgende Unabhängigkeitserklärung des katalanischen Parlaments 2017. Es gab ein Büger:innen-Votum, das von einer Institution umgesetzt wurde, erinnert Partal an den “katalanischen Frühling”.

Es ist verwunderlich, dass der spanische Ministerpräsident die palästinensische Eigenstaatlichkeit anerkennt, die nicht von gewählten Institutionen proklamiert wurde, sondern von einer politischen Bewegung im Exil. Die Unabhängigkeit des palästinensischen Staates wurde im November 1988 in Algier ausgerufen. 

Die drei europäischen Länder erkennen die Existenz eines palästinensischen Staates an, obwohl er sein Territorium gar nicht kontrolliert.

Die Haltung der spanischen Regierung ist widersprüchlich, ist Partal überzeugt. So habe Spanien sich immer geweigert, das Kosovo, Taiwan oder Somali-Land anzuerkennen, “Länder mit unbestreitbarer effektiver Kontrolle über ihr Territorium”, kurzum lebensfähige Staaten. Der spanische Staat unternahm 2017 viele Schritte, um die Anerkennung der einseitigen katalanischen Unabhängigkeitserklärung zu verhindern.

Vilaweb wirft Ministerpräsident Sanchez vor, aus innenpolitischen Gründen das Westjordanland und Gaza als palästinensischen Staat anzuerkennen. Ein Versuch, die spanische Linke zu vereinen.

Trotzdem, die PLO war mit ihrer internationalen Strategie erfolgreich, die internationale Anerkennung ist der entscheidende Faktor für die Erlangung der Unabhängigkeit. Trotz fehlender Kontrolle des Staatsgebietes.

Partal wirft der Puigdemont-Regierung von 2017 vor, sich zu wenig um die internationale Anerkennung bemüht zu haben. Partal ist überzeugt, dass nach den Gewaltexzessen der spanischen Polizei in Katalonien es genügend Staaten gab, die die katalanische Eigenstaatlichkeit unterstützt hätten.

Israel brachte der “katalanischen Sache” große Sympathie entgegen und gab erst nach heftigem spanischem Druck seine pro-katalanische Haltung auf. Die Palästinenser hingegen solidarisierten sich mit dem spanischen Staat gegen die Katalanen. 

Bedauerlicherweise unterstützte Israel aber auch die spanischen Behörden bei der Verfolgung katalanischer Separatist:innen. Stichwort Pegasus. 

Der Fall der Palästinenser zeigt aber auch, ist Partal überzeugt, dass Konflikte und Gewalt eine internationale diplomatische Anerkennung befeuern. Besonders dann, wenn es keinen vereinbarten Unabhängigkeitsprozess gibt. Die katalanischen Sezessionisten setzten 2017 auf eine demokratische Abstimmung und auf eine genauso demokratische Abstimmung im gewählten Parlament.

Die Fakten und die Zeit spielen auch eine Rolle, Partal verweist wieder auf die PLO. Diese hatte vor 36 Jahren ihren unabhängigen palästinensischen Staat ausgerufen. Lange betonte die spanische Diplomatie, dass es absurd sei, einen Staat anzuerkennen, der im Exil ausgerufen wurde, der keine Kontrolle über das eigene Land hat und dass keine demokratische Institution den Staat proklamiert habe.

Jetzt aber wurde es möglich, angesichts des israelischen Krieges in Gaza und der Siedler-Gewalt im Westjordanland, vermutet Partal. 

Deshalb sei der Weg der katalanischen Linken von der ERC falsch gewesen, sich den spanischen Sozialdemokraten anzubiedern. Eine der Folgen, die Sezessionisten haben bei den katalanischen Parlamentswahlen ihre Mehrheit verloren.

Die pro-palästinensische Haltung der spanischen Regierung sorgte für eine entsprechende israelische Reaktion. Sharren Haskel, KnessetAbgeordnete des zentristischen Staatstragenden Lagers, hat in einem offenen Brief an den israelischen Premierminister und an seinen Außenminister eine aufsehenerregende Forderung gestellt, schreibt Simon Constantini: “Israel soll Katalonien, das Baskenland, Galicien und weitere zu Spanien gehörende Gebiete als unabhängige Staaten anerkennen. Diese Aufforderung ist eine Antwort auf die beabsichtigte Anerkennung Palästinas als unabhängiger Staat durch die spanische Regierung als Reaktion auf das brutale Vorgehen von Israel in Gaza”. 

Constantini zitiert die bekannte US-Anwältin Marina Medvin mit ihrer Kritik, Saniens habe bisher die Unabhängigkeit des Kosovo nicht anerkannt, wolle aber Palästina anerkennen. “In einem Tweet schrieb sie zudem provokant: ´From the river to the sea, Catalonia will be free!´. Einmal mehr fällt damit die Doppelmoral Spaniens und Europas auf uns zurück) und schwächt die Glaubwürdigkeit des sogenannten Westens, da Unabhängigkeitsbewegungen selektiv und ohne nachvollziehbare Kriterien unterstützt oder abgelehnt werden”. 

Der israelische Parlamentarier Haskel nutzte “diese flagrante Inkohärenz” (un-)diplomatisch aus und forderte die Eigenstaatlichkeit des Baskenlandes, Galiciens und Kataloniens.

Siehe auch: “Europäische Repression als Vorbild. Für China”, “China droht Taiwan – mit Katalonien”, “La Russia si giustifica citando la Russia”, “Katalonien als Steilvorlage für den Diktator”, “Katalonien, China führt die EU vor”.

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