Zwischen schrumpfen und verschwinden

Ohne eine Änderung der bisherigen Politik wird ein Großteil der sprachlichen und nationalen Minderheiten verschwinden. Davor warnt der UN-Sonderberichterstatter für Minderheiten.

Von Wolfgang Mayr

Fernand de Varennes, UN-Sonderberichterstatter betreffend Minderheiten, schlug auf einer Veranstaltung der Eurac (Europäische Akademie) in Bozen Alarm. Die Lage für die sprachlichen und nationalen Minderheiten beschreibt de Varennes als düster. Deshalb plädiert er für neue, rechtlich bindende und einklagbare Maßnahmen.

Minderheiten kommen in der Politik kaum mehr vor, bedauert de Varennes. Als Beispiele zitiert er die Ziele für nachhaltige Entwicklung, in diesem Zusammenhang sind die Minderheiten aus der umfassenden Liste der vulnerablen Gruppen gestrichen worden. 

Minderheiten sind nicht in demselben Ausmaß durch internationales Recht geschützt, wie es die meisten anderen empfindlichen Gesellschaftsgruppen sind, stellt der Sonderberichterstatter kritisch fest, und zwar auch in Europa.

In den letzten 20 Jahren kam es zu bindenden Verträgen über die Rechte von Geflüchteten, Migrantinnen, Frauen, Kindern, Behinderten und anderen Gruppen. Bei der UNO gibt es Allianzen und Netzwerke jeder Art, an denen neben Staaten auch NROs beteiligt sind und die die Unterstützung der Rechte von Kindern, indigenen Völkern, Migrantinnen,  zum Ziel haben. 

Vor allem für Menschen, die der LGBT-Community angehören, ist von der UNO viel gemacht worden. Zum Beispiel Verhaltensstandards für Unternehmen, um die Diskriminierung von LGBT-Personen zu bekämpfen. 

Für Minderheiten gibt es hingegen aber nach wie vor nichts — und während der letzten 20 Jahre sind bei den Vereinten Nationen nicht einmal symbolische Initiativen ergriffen worden.

Als Sonderberichterstatter beschäftigt sich de Varennes mit den mehr als 360 Minderheiten in Europa. Seine Erkenntnis: Zwei Drittel davon sind in den vergangenen 30 Jahre drastisch geschrumpft. Daneben gibt es eine Gruppe von Minderheiten, über die man nichts sagen kann, weil Daten fehlen und nur 30-40 Minderheiten, die wachsen konnten.

Die Rahmenbedingungen dieser 30-40 Minderheiten belegen, dass sie über Autonomie verfügen und ihre Sprachen gesetzlich anerkannte Schul-, Verwaltungs- und Wirtschaftssprachen sind.

Simon Constantini beschäftigt sich in diesem Zusammenhangt mit dem Thema Sprache, anhand des Südtiroler Beispiels, deutsche und italienische Unterrichtssprache an den deutschsprachigen Schulen sowie mit den Spracherhebungen in der autonomen Region Galicien in Spanien und in der autonome Provinz Quebec in Kanada.

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