Westsahara-Polisario: Die Autonomie ist nicht der Endpunkt

Die Befreiungsbewegung setzt weiterhin Eigenstaatlichkeit

Najat Braim, Marta Rosique und Mohamed Salem Laabeid (von links nach rechts). Foto: Ciemen

Najat Braim, Marta Rosique und Mohamed Salem Laabeid (von links nach rechts). Foto: Ciemen

Von Wolfgang Mayr

 

Die saharauische Befreiungsbewegung Polisario hält an ihrem Ziel fest, nämlich an der Eigenstaatlichkeit ihrer Westsahara. Trotz der Entscheidung des UN-Sicherheitsrates, der marokkanischen Annexion zuzustimmen samt entsprechendem Autonomieplan.

Auf einer Tagung der katalanischen NGO Ciemen und des katalanischen Saharaui-Solidaritätskomitee ACAPS wurde daran erinnert, dass der Sicherheitsrat auch die UN-Mission in der Sahara (MINURSO) um ein Jahr verlängert hat. Beide Organisationen bewerten den von Marokko vorgeschlagenen Autonomiekompromiss als eine „Verhandlungsgrundlage“. Mehr nicht und schon gar nicht als Schlusspunkt der Entwicklung.

ACAPS-Vertreter Francesc Xavier Serra verwies auf die Widersprüchlichkeit der UN-Resolution. Sie bezeichnet zwar die Autonomie als Grundlage, beide Seiten müssten aber dem Kompromiss zustimmen sowie auch frühere Resolution berücksichtigt werden.

Beide NGO betonten, dass mit der Verlängerung des UN-Mandats – die MINURSO – das Inhaltliche von damals bestätigt wurde, nämlich die Abhaltung eines Referendums über die Unabhängigkeit oder die Annexion.

Ciemen und APACS hoffen, dass mit der Initiative des UN-Sicherheitsrates Bewegung in die von Marokko blockierte Angelegenheit kommt. Eine Blockade, die auch von

Frankreich und die USA mitgetragen wurde und die marokkanische Kolonisierung forcierte. Beides verhinderte bisher ein Referendum.

„Die Situation ist überhaupt nicht gut“, räumte deshalb der Vertreter der Polisario-Front in Katalonien, Mohamed Salem Laabeid, ein. Trotzdem hofft er auf die Resolution des UN-Sicherheitsrates, immerhin legt sie fest, dass die von Marokko vorgeschlagene Autonomie „echt“ sein muss.

Professor Isaías Barreñada sagte im Ciemen-Portal Nationalia, die Resolution ermutige die Parteien, „für beide Seiten akzeptable Lösung“ zu finden. Das deutet darauf hin, dass der marokkanische Autonomie-Vorschlag nicht die einzige Option ist.

 

Kritik an der spanischen Haltung

Die spanische Regierung unterstützt seit 2022 den Autonomieplan Marokkos. Polisario wirft Spanien deshalb vor, seine „rechtliche und politische Verantwortung“ nicht wahrzunehmen. Die Westsahara war 1975 die letzte spanische Kolonie, die Madrid ohne einen Prozess der Entkolonialisierung auf der Grundlage der Selbstbestimmung Marokko überließ.

Für die Annexion trägt laut Polisario-Sprecher Laabeid Spanien die volle Verantwortung. Spanien wollte nie, dass es eine unabhängige Sahara gibt, bekräftigt Laabeid den Vorwurf der Polisario. Die Besetzung der Westsahara, der Besatzungsterror und die marokkanische Kolonialisierung wurden nur möglich, ist Laabeid überzeugt, weil Spanien dafür die Zustimmung gab. Auch Frankreich unterstützte das marokkanische Vorgehen, genauso die USA.

Ciemen-Präsident David Minoves kritisierte die spanische Haltung als eine politische Schande. Mit seiner Politik verhinderte Spanien die Selbstbestimmung seiner ehemaligen Kolonie.

Ciemen wird laut Minoves mit einer Kampagne das Selbstbestimmungsrecht der Saharauis offensiv unterstützen. Und zwar bis zum 27. Februar 2026, an dem der 50. Jahrestag der Demokratischen Arabischen Republik Saharau begangen wird. Die Gastgeberin der Veranstaltung, Marta Rosique von der Ciemen-Stiftung für die kollektiven Rechte der Völker sagte, die verschiedenen zivilgesellschaftlichen Organisationen werden dementsprechend auf Spanien einzuwirken versuchen.

 

Die Dilemmata der saharauischen Jugend

Aktivistin Najat Braim erinnerte daran, dass in den besetzten Gebieten die Menschenrechte immer wieder verletzt werden. Betroffen Demonstrant:innen, die gegen die Besatzer protestieren.

Und junge Menschen gehen der Westsahara verloren, weil sie sich assimilieren müssen, um Bildungs- und Arbeitschancen zu erhalten. Viele junge Sahrauis müssen zu Marokkaner „werden“. „Assimilierungsunwillige“ kommen ins Gefängnis, die Behörden schikanieren ihre Familien.

Groß ist der Frust bei den Sahrauis in den Flüchtlingslagern in Algerien. Für sie gibt es keine soziale oder wirtschaftliche Perspektive. Es ist nämlich ungeklärt, ob diese Flüchtlinge in die Westsahara zurückkehren können. Laut Braim dürfen die Flüchtlinge, weil staatenlos, die marokkanisch besetzte Westsahara nicht betreten.

 

Siehe auch:
Voices – Westsahara-Marokko: Der geplatzte Traum vom eigenen Staat
Western Sahara Resource Watch
Stillstand im Westsahara-Konflikt
Frauen der Westsahara klagen an
disorient – Westsahara

 

 

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