Wahlen in Chile (Teil II): Nation Mapuche und Souveränität

Von Wolfgang Mayr

Heute wählen die BürgerInnen von Chile ihre Staatsspitze.  Sieben KandidatInnen bewerben sich um das Präsidentenamt. Als aussichtsreich gelten drei Bewerber.

 

Wahlen in Chile (Teil I): Die chilenische Regierung verlängerte im Wahlkampf den Ausnahmezustand in den vier Mapuche-Provinzen

Laut Universitäts-Professorin Verónica Figueroa Huencho prallen in Chile zwei Weltanschauungen aufeinander. Die Erben der spanischen Eroberer fühlen sich als Herren des eroberten Landes, beschreibt Huencho das chilenische Staatsempfinden. Die Mapuche ihrerseits verzichteten trotz Niederlagen nie auf die Souveränität, ergänzt die Professorin. Nationalbewusste Mapuche verweisen auf die 200jährige chilenische Unabhängigkeit, die Mapuche-Souveränität reicht weiter zurück. Die Mapuche wehrten sich erfolgreich gegen den Inka-Imperalismus.

Ihren Anspruch auf Souveränität legitimieren die Mapuche außerdem mit den 20 Verträgen, die sie mit den Spaniern abgeschlossen haben. In der Frühphase seiner Existenz respektierte der junge chilenische Staat die Selbstständigkeit der Mapuche-Nation. Deshalb erheben die verschiedenen Mapuche-Organisationen auf ihr Land. Dieses Land, sagt Pairican, ist Teil des Mapuche-Kosmos.

Mapuche-AktivistInnen definieren diesen Kosmos als Staat der Mapuche-Nation, der sich außerhalb der chilenischen Staatsgrenzen bindet. Es geht letztendlich um die staatliche Unabhängigkeit, erklärt Figueroa Huencho, Teil der Ideologie der CAM. So formuliert es auch Héctor Llaitul, einer der Gründer der Cam.

Für ein neues Chile

Diese Bewegung sorgt für Druck, ist die Mapuche-Intellektuelle Figueroa Huencho überzeugt. Eine radikale Bewegung, die aber nicht für die Mehrheit der Mapuche spricht, glaubt Huencho. Eine große Mehrheit der Mapuches setzt auf die nationale Anerkennung der Mapuche in einem neuen Chile, in einem plurinationalen Staat, führt Huencho weiter aus.

Deshalb das große Engagement von Mapuche-AktivistInnen für und im Verfassungskonvent, den die chilenischen Bürgerinnen und Bürger mit ihren Protesten und Demonstrationen erzwungen haben. Im nächsten Jahr soll der Konvent einen Entwurf für eine neue Verfassung vorlegen. Die Bürgerschaft wählte eine linke Mehrheit in den 155 Mitglieder großen Konvent, die indigenen Völker werden von 17 Abgeordneten vertreten.

Die Mapuche-WählerInnen stimmten für landesweit bekannte AktivistInnen, wie Natividad Llanquileo, ein ehemaliger Sprecher der politischen Gefangenen der Mapuche; Rosa Catrileo, Anwältin der Bewegung; Adolfo Millabur, Leiter der Organisation Territoriale Identität Lafkenche, usw. Besonders bekannt wurde die Linguistin Elisa Loncón, die mit den Stimmen der konventionellen Linken und indigenen Abgeordneten zur Präsidentin des Konvents gewählt wurde.

Professorin Huencho sieht in Loncón ein starkes Symbol für ein neues Chile. Frauen waren lange aus politischen Mitbestimmungsgremien ausgegrenzt, indigenen Frauen wurden noch mehr diskriminiert, ausgeschlossen und unsichtbar gemacht. Nun sitzt Loncón einem Konvent vor, der Chile entrümpeln will. Entkolonialisieren, sagt Huencho und den Rassismus zurückdrängen.

Figueroa Huencho glaubt, dass der Konvent ein „Fenster der Gelegenheit“ ist. Sie rät, diese Chance zu nutzen. Für einen Neustart.

Der größte Stolperstein auf dem Weg zu einem neuen Chile sind die Mapuche-Forderungen, befürchten Huencho und Pairican: Rückgabe von Land, Landrechte, Anerkennung politischerRechte der indigenen Bevölkerung, Autonomie und Plurinationalität. Die chilenische Rechte kündigte gegen die Umsetzung dieser Forderungen heftigen Widerstand an. Auch im laufenden Wahlkampf.

Chilenische Rechte, Erben der spanischen Eroberer

Die Anerkennung indigener Autonomien empfinden die Rechten als ein Aufheben der Vergangenheit, als ein Zurückdrehen der Uhr, sagt Huencho. Sie setzt deshalb auf Dialog, Huencho legte dem Konvent einige Vorschläge vor. Sie drängt auf einen plurinationalen Dialog, Huencho will die Mapuche-Forderungen in die Mehrheitsgesellschaft hineintragen.

Historiker Pairican befürchtet, dass die chilenische Rechte – wie ihre Verwandten in den übrigen Andenstaaten Bolivien, Peru oder Ecuador auch – die Mapuche-Emanzipation verhindern wird. Als Gegenreaktion wird sich die Mapuche-Bewegung weiter radikalisieren, warnt der Historiker. Für ihn keine gangbare Alternative, weil die Mapuche seit der Eroberung des Landes unter spanischer Gewalt litten und leiden.

Die Befürchtungen von Pairican sind keine Panikmache. Der rechtsradikale Präsidentschaftskandidat Kast lehnt die Vertretung der indigenen Völker im Verfassungskonvent strikt ab. Für Kast gibt es keine politischen Konflikte zwischen Staat und Mapuche. Es handelt sich um Terrorismus, stuft Kast die Mapuche-Bewegung ein. Düstere Aussichten, sollte sich Kast bei den Wahlen durchsetzen. In diesem Sinne will Kast als Präsident die Sicherheitskräfte aufrüsten und mehr Gefängnisse bauen, die Verfolgung der „Terroristen“ intensivieren. Seine Antwort auf die Mapuche-Forderungen. Wie sein brasilianischer Verbündeter Bolsonaro plädiert Kast für den Austritt von Chile aus der ILO-Konvention 169 zum Schutz indigener Völker.

Kast will Wallmapu, das Land der Mapuche, unter den Hammer bringen. Verscherbeln, wie es Bolsonaro im Amazonas treibt. Für den Faschisten Kast gibt es für die Mapuche in der chilenischen Gesellschaft nur einen Platz, sagt Pairican, nämlich dienstleistendes Personal für die weiße Mehrheitsgesellschaft zu sein.

Quelle: Nationalia, Ciemen

Nicola Sturgeon meets with indigenous delegates ahead of Cop26 | Express & Star (expressandstar.com)

Life and Resistance in Wallmapu – Phoebe A. Hearst Museum of Anthropology (berkeley.edu)

Coordinadora Arauco Malleco: Recovering pre-colonial autonomy in Wallmapu | Intercontinental Cry

Coordinadora Arauco-Malleco – Wikipedia

Los movimientos de resistencia indígena. El caso mapuche (ugr.es)

Malleco Mapuche Communities in Resistance Reject the Forestry Industry and the Cooptation of Mapuche Leaders (Wallmapu) – Voices in Movement

Wallmapu: home of the Mapuche | Wall Street International Magazine (wsimag.com)

Wallmapu | Wall Street International Magazine (wsimag.com)

Wallmapu: Die Vegetation und ihre Dynamik</strong> — Wallmapu ex situ (wallmapu-ex-situ.net)

Monthly Review | From Wallmapu to Nunatsiavut

The Shadow Campaign // Wallmapu – Bing video

Mapuche organization message Weichan Auka Mapu – Ñielole Mapu Muleay Aukan from Wallmapu Chile – YouTube

Corto Documental: El Wallmapu – YouTube

Schlachthaus Theater Bern

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website ist durch reCAPTCHA geschützt und es gelten die Datenschutzbestimmungen und Nutzungsbedingungen von Google

Zurück zur Home-Seite