30-11-2025
Ungarn-Ukraine: Perspektive „Pufferstaat“
Viktor Orban empfiehlt seinen Nachbarn die bedingungslose Kapitulation
Der österreichische Politiker Herbert Kickl bei einer Pressekonferenz im 2020. Foto: C.Stadler/Bwag CC-BY-SA-4.0
Von Wolfgang Mayr
Der ungarische Ministerpräsident war nie ein Freund der von Russland überfallenen Ukraine. Sein Argument, die Ukraine schikaniert die ungarische Minderheit. Seit dem russischen Angriffskrieg versuchte er immer wieder, die militärische Solidarität der EU und der NATO zu stoppen.
Irgendwie ist ihm das gelungen. Die EU unterstützt die Ukraine, die von der Ukraine gewünschten Waffensysteme wurden nie geliefert. Wohl auch ein Grund, dass der militärische Widerstand kollabieren wird.
Orban pflegt eine gediegene Solidarität mit Russland. Ganz im Sinne seines Freundes Putin erklärt er den ukrainischen Pufferstaat als dauerhafte Lösung. Und meint damit einen ukrainischen Rumpfstaat. Gleichzeitig muss die Ukraine die von Russland besetzten, annektierten und zusätzlich gewünschten Regionen abtreten.
Ministerpräsident Orban begrüßt deshalb den 28-Punkte-Friedensplan der USA, den russische Diplomaten vorformuliert haben. So sollen alle Sanktionen aufgehoben werden und die eingefrorenen russischen Finanzen in amerikanisch-russische Investmentfonds fließen.
Orban lehnt – wie sein rechtsradikaler belgische Amtskollege Bart De Wever auch – die Beschlagnahmung russischen Vermögens zur Finanzierung der ukrainischen Aufrüstung strikt ab. Die weitere Unterstützung der Ukraine, warnt Orban, werden die EU-Steuerzahler stemmen müssen.
Orbans österreichischer Freund, der Vorsitzende der rechtsradikalen FPÖ, „Volkskanzler“ Herbert Kickl, lobte den ungarischen Ministerpräsidenten. Orban kümmert sich um die Energieversorgung für sein Land – mit Öl- und Gaslieferungen aus Russland – und bietet sich als potenzieller Vermittler im „Ukraine-Konflikt“ an. Weil Orban wie Putin spricht, erhält er von diesem im Gegenzug verbilligte Energie. Das schwebt auch Kickl und seiner FPÖ vor.
Orban als Vorbild
Österreich braucht einen Friedenskanzler statt Kriegstreiber, die Neutralität und Wohlstand verspielen, textet der freiheitliche Parlamentsclub: „Ein freiheitlicher Volkskanzler ist ein Friedenskanzler, der für leistbare Energie und die Interessen des eigenen Volkes kämpft“, empfehlen die Freiheitlichen ihren Vorsitzenden den Österreicher:innen. Laut jüngsten Umfragen würden bei einer Parlamentswahl 40 Prozent der österreichischen Bürgerinnen und Bürger Kickl und seine Partei wählen.
Kickl würdigt das Agieren des ungarischen Ministerpräsidenten als „Lehrstück in Realpolitik“. Orban betreibt eine souveräne, interessengeleitete Politik für das eigene Volk, findet Kickl. Der „Volkskanzler“ wirft der österreichischen Regierung und ihren „Systemparteien“ unterwürfigen Verrat „an unserem Land“ vor.
„Während Viktor Orbán von Putin für seine ‚ausgewogene Haltung‘ gelobt wird, hat sich Österreich durch den Kniefall vor Brüssel und Kiew völlig diskreditiert,“ wettern die freiheitlichen Parlamentarier. Die österreichische Regierung, der freiheitliche Vorwurf, stellt die „Interessen fremder Mächte“ über die der eigenen Bevölkerung. Diese wurde „den eiskalten Interessen globaler Eliten“ geopfert und die Bevölkerung zum Zahlmeister gemacht.
Offensichtlich möchte Kickl auch von Putin gelobt werden und mit den fremden Mächten meinen die Freiheitlichen die Europäische Union und die Ukraine. Wer werden wohl die eiskalten globalen Eliten sein? Wie Orban auch fordert Kickl und seine Kameradschaft die Aufhebung aller Sanktionen, die der eigenen Wirtschaft schaden.
Solidarität, ideologische Verblendung
Die Solidarität mit der von Russland überfallenen Ukraine verurteilen die Freiheitlichen als „ideologische Verblendung“. Die Freiheitlichen werden deshalb den roten Teppich für den ukrainischen Präsidenten Selenskyj wieder einrollen.
Kickl kündigt an, dass er als Volkskanzler eine Politik der Vernunft, der Neutralität und der Souveränität betreiben wird. Kickl findet, „es ist höchste Zeit für eine Festung Österreich und einen Volkskanzler, der als Friedenskanzler für unser Land kämpft.“
Ungarn wollte – wie Österreich auch – unbedingt in die EU. Orban und Kickl bekämpfen die Union – von der beide Staaten profitiert haben – wie einen Feind, einen Aggressor.
Macht es vor, Ungarn und Österreich
Orban und die österreichischen Freiheitlichen halten „Gebietsabtretungen“ der Ukraine an Russland für unumgänglich. Orban seinerseits schielt auf die ungarischsprachige Region Transkarpatien in der Ukraine, könnte aber auch Gebiete abtreten, in denen Slowaken, Rumänen, Serben und Kroaten leben.
Österreich sollte in dieser Logik das Burgenland an Ungarn, das südliche Kärnten und die südliche Steiermark an Slowenien und, warum nicht, das alemannischsprechende Vorarlberg an die Schweiz abtreten.
Lektüre für Kickl, Vilimsky und Orban:
– Charkiv – Frontstadt des Wortes und des Widerstandes
– Charkiv – die verletzte Stadt
– Dossier Krieg in der Ukraine und Hintergründe
– Es gibt viele Butscha in der Ukraine
– Angst und Unterdrückung – ukrainische Besatzungserfahrungen
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