04-03-2025
Südtirol-Ukraine: Ich schäme mich für Bozen
24 Städte in Italien erklärten sich mit der Ukraine solidarisch, Bozen nicht. Notizen aus der Provinz

Per l'Europa con l'Ucraina
Von Wolfgang Mayr
Von Ancona bis nach Vicenza wurde am vergangenen Sonntag daran erinnert, dass die von Russland überfallene Ukraine zum demokratischen Europa gehört. „Per l`Europa, con l´Ucraina“ war die Losung der pro-ukrainischen Demonstrant:innen.
Ein Appell an die EU, die Ukraine trotz der angeblichen Friedensverhandlungen zwischen den USA und dem russischen Aggressor weiterhin zu unterstützen.
Die USA des Donald Trump, des america first, steht nicht mehr an der Seite der Ukraine. Deutlich machte dies doch die unsäglich-peinliche Behandlung des ukrainischen Präsidenten Selenskyj durch US-Präsident Trump und seinem Vize Vance, es war mafialike. Scharfmacher bei diesem unwürdigen „Schauspiel“ Vize Vance, der auf X die Frage formulierte, ob Selenskyj ein Kriegsverbrecher ist. Nicht Putin!
Selenskyj wollte nicht erpresstes Schutzgeld entrichten, dafür muss er jetzt bezahlen. Der russische Präsident wird sich darüber tierisch gefreut haben.
Gegen diesen US-Schlag ins Gesicht der sich wehrenden Ukraine protestierten Demonstranten in 24 Städten Italiens. Für die Ukraine, für die Vereinigten Staaten von Europa. Eine klare Absage an die diversen Nationalisten in Italien, Österreich, Deutschland, Frankreich und wo auch immer sonst in der EU.
Bozen fehlte
Ausgerechnet Bozen, in dem unter dem faschistischen Siegesdenkmal an die beiden „Nationalismen“ erinnert wird, an den Faschismus und Nationalsozialismus. In dem die Gemeindeverwaltung an den Jahrestagen an die NS-Verbrechern erinnert, zurecht. Jahrzehntelang feierte dort das Militär den 4. November, Italiens Sieg über Österreich-Ungarn im Ersten Weltkrieg. Seit 1919 gilt der 4. November als Festtag der italienischen Einheit und der Armee. Nicht unweit des Siegesdenkmals, am 4. Novemberplatz, Sitz des Armeekorps, fanden am der „Tag der Befreiung“ vom „Nazi-Faschismus“-Gedenkfeierlichkeiten statt. Nicht ein Widerspruch?
Und es wundert nicht
Die eine Seite. Die andere Seite, die Gemeinde Bozen fördert das Cineforum, das recht ungeniert russische Staatspropaganda verbreitet. Beispielsweise über den angeblichen Genozid an „den Russen in der Ukraine“. Öffentliches Geld für russische Verlautbarungen kommen auch vom Land. Simon Constantini recherchierte es auf seinem brennerbasisblog: das Cineforum erhielt zwischen 2003 und 2024 eine Million Euro vom Land und 100.000 Euro von der Gemeinde Bozen.
Der Leiter des Cineforums, der politisch agile Andrea Perugini und seine Mitstreitenden kanzelten ukrainische Kritiker als “alcuni stranieri” (einige Ausländer) ab. Perugini verteidigte sein pro-russisches Programm mit der Meinungsfreiheit. Für Perugini ist das Verbreiten von russischen Lügen über die Ukraine Meinungsfreiheit. Die Verarsche ist grenzenlos.
Cineforum, Borodina, Upad
Nein, Bozen machte am sonntäglichen ukrainischen Solidaritätstag nicht mit, weil es offensichtlich auf der anderen Seite steht. Auf der Seite des Aggressors Russland von Wladimir Putin, Freund der Lega, der FPÖ, der AfD sowie von US-Präsident Trump und seiner Oligarchen-Administration. Auch das Land förderte die russische Kultureinrichtung “Borodina” in Meran. Bis zum Überfall auf die Ukraine.
Die “Borodina” ist weiterhin aktiv. 2023 schaute der russische Generalkonsul von Mailand in Meran vorbei, besuchte Russischlehrerinnen. Auch die italienische Kulturvereinigung Upad bot im März 2024 einen Abend zur russischen Literatur an, moderiert von Irina Panteley.
Die ehemalige russische Journalistin ist eine knallharte Propagandistin. Ihre These über den russischen Krieg in der Ukraine, der bereits 2014 mit der Annexion der Krym und den von Russland angeheizten Auseinandersetzungen im Donbas begonnen hatte, entspricht der Regime-Erzählung. Ihr Artikel “Europas offene Wunde” mit dieser These wurden 2015 in der Pustertaler Zeitung veröffentlicht. Ist nicht mehr online. Warum wohl?
Panteley verharmloste in ihrem inzwischen offensichtlich gelöschten Artikel den russischen Kriegspräsidenten, stellte Russland als Opfer US-amerikanischer Arroganz dar, beschimpfte die ukrainische Regierung als durch und durch nationalistisch, die diplomatische Umschreibung für “Nazi-Regierung”, wie das Putin-Regime gekonnt die demokratische Ukraine “beschmutzt”. Genau diese Panteley sollte einen russischen Kulturabend moderieren. Protestierenden Ukrainer:innen wurde Einschüchterung vorgeworfen.
Kein öffentliches Geld mehr für russische Propaganda
Und, und, und … Unerträgliche Geschichten. Jetzt noch um einiges unerträglicher. US-Präsident Trump schenkt die Ukraine Russland, von Kolonialherren zu Kolonialherren. Zum Schämen, nein, zum Verzweifeln.
Ich schäme mich für Bozen und für das Land.
Siehe auch:
– Save Ukraine
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