21-02-2023
Schräge rot-braune Allianzen mit Tradition
Das „Manifest für den Frieden“ der Linken Sahra Wagenknecht und der Feministin Alice Schwarzer erhält viel Applaus, auch von der extremen Rechten

Von Wolfgang Mayr
Die Ukraine soll endlich kapitulieren und damit den Krieg beenden. Der Kurztext zum „Manifest für den Frieden“, der Politologie Herfried Münkler spricht von purem Zynismus. Der AfD-Mitbegründer Bernd Lucke darf im „focus“ von einer wohltuenden Stimme der Vernunft schwafeln, das rechte Magazin PP geht mit dem Manifest vollinhaltlich online.
Diese Deutschen empfehlen den Ukrainerinnen und Ukrainern, sich auf einen erträglichen Kompromiss einzulassen. Den philosophischen Zuckerguss dafür lieferte Jürgen Habermas. Wie diese Erträglichkeit ausschauen sollte, lässt der Philosoph offen. Ob er meint, dass die Ukraine auf die annektierte Krim und auf die besetzte östliche und südliche Ukraine verzichten sollte? Im Gegenzug rückt die russische Armee samt Wagner- und Kadyrow-Killern nicht mehr westwärts?
Unerträgliche deutsche Wortmeldungen. Die überfallene Ukraine soll mit dem russischen Kriegspräsidenten Putin verhandeln. Das Opfer soll im Gespräch mit dem Täter einen erträglichen Kompromiss erarbeiten. Kabarettist Christian Ehring spottete, Alice Schwarzer findet den Wettermann Kachelmann offensichtlich schlimmer als Putin und seine Gewalttäter und Vergewaltiger in der Ukraine.
Das Manifest der Linken und der Feministin unterzeichnete auch der AfD-Bundessprecher Tino Chrupalla, Jürgen Elsässer vom rechtsradikalen Compact rief dazu auf, die „Friedenskundgebung“ zu unterstützen.
Teile der Linken und die AfD, in Österreich die rechtsradikalen Freiheitlichen, in Italien die nicht weniger Rechten von der Lega und Forza Italia, stehen unerschütterlich auf der Seite Russlands. Die Linken, weil für sie Russland offensichtlich noch immer ein proletarischer Staat ist, mit roter Fahne samt Hammer und Sichel, die Rechten, weil das Putin-Regime sich klar und deutlich völkisch definiert, anti-amerikanisch, religiös und den Traditionen verbunden.
Rot-braune Zusammenschau
Diese rechte und linke Zusammenschau hat speziell in Deutschland Tradition. Das reaktionäre deutsche Kaiserreich finanzierte die Rückkehr des Exilierten Lenin nach Russland. Das bolschewistische Russland half der antidemokratischen und deutschnationalen Reichswehr in der Weimarer Ära beim klammheimlichen Aufrüsten. In den harten politischen Auseinandersetzungen in der Weimarer Republik kam es immer wieder zu schlagenden Allianzen zwischen der KPD und der NSDAP gegen die SPD. Die SA und der Rote Frontkämpferbund dder KPD terrorisierten gemeinsam sozialdemokratisch geprägte Stadtvierteln deutscher Metropolen. Vertreter des deutschen Nationalbolschewismus würdigten die stalinistische Sowjetunion gar als eine spezifische Verkörperung des Preußentums (siehe „Der Pakt“ von Claudia Weber).
Die Professorin für Europäische Geschichte, Claudia Weber, zeichnet in ihrem Buch „Der Pakt – Stalin, Hitler und die Geschichte einer mörderischen Allianz 1939-1941“ die nationalsozialistische-stalinistische Waffenbrüderschaft nach. Das Dritte Reich und die Sowjetunion teilten sich das östliche Mitteleuropa auf. Mit weitreichenden dramatischen Folgen, dieses östliche Mitteleuropa wurde zu den „bloodlands“, wie es der US-Historiker Timothy Snyder eindrucksvoll analysierte.
Diese rot-braune Waffenbrüderschaft verwüstete und vernichtete das östliche Mitteleuropa, GfbV-Gründer Tilman Zülch und GfbV-Mitarbeiter Johannes Vollmer erinnerten 1989 in der GfbV-Taschenbuch-Reihe „pogrom“ an die „verratenen Völker zwischen Hitler und Stalin“. Freunde der Sowjetunion und Neo-Nazis verdrängten erfolgreich diese Vergangenheit, inzwischen feiert sie fröhliche Urstände.
Die deutsche Linke und Rechte verteidigt Russland gegen die angebliche NATO-Aggression, gegen den vermeintlichen Versuch der USA, Russland als letzte imperiale Kolonialmacht zu zerschlagen. Die dubiosen Thesen dieser rot-braunen pro-russischen Allianz schlagen Wurzeln bereits in der westlichen Öffentlichkeit, der Putinismus sickert auch in der EU weit in die Regionen hinab.
Es gibt auch EU-Staaten, die recht unverhohlen solidarisch mit dem kriegsführenden Russland sind, wie das rechtsregierte Ungarn. Diplomatisch biedert sich Österreich Russland an, Bundeskanzler Karl Nehammer kritsierte die EU-Sanktionen als „realitätsfremd und falsch“. Österreich als Gastgeber des OSZE-Treffens (23. und 24. Februar) lässt auch russische Diplomaten einreisen, die ausgewiesene Putin-Unterstützer und Kriegstreiber sind.
Gegen die Ungeheuerlichkeit
Das Zentrum Liberale Moderne versucht dagegen zusteuern, damit das „Ungeheuerliche nicht angenommen“ wird. Im Aufruf heißt es, „unsere Furcht vor Putins Drohung, den Krieg zu eskalieren, gibt ihm freie Hand, die Gewalt gegen die Ukraine immer mehr zu steigern … Waffen sind das eine. Gleichzeitig braucht die Ukraine massive finanzielle und technische Hilfe. Nicht zuletzt müssen die politisch Verantwortlichen für die russischen Kriegsverbrechen auch strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Jeder Krieg ist eine humanitäre Katastrophe. Aber in diesem Fall führt der Weg zu einem gerechten Frieden nur über ein Scheitern der russischen Aggression. Die demokratische Welt muss ihr Gewicht in die Waagschale werfen, damit die Ukraine diesen Krieg gewinnen kann“.
Warum richten die Manifestanten für den Frieden ihr Manifests an den deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz? Er führt keinen Krieg an. Warum wenden sich diese links-rechten Pazifisten nicht an den russischen Kriegspräsidenten?
Schenkt Russland Ostdeutschland!
Der Manifest-Unterzeichner Martin Sonneborn von „Der Partei“ schlug im deutsch-polnischen Reparationsstreit vor, Polen Sachsen zu schenken. Eine nachahmenswerte Idee.
Nachdem eine große Mehrheit in Ostdeutschland die pro-ukrainische Politik der Bundesregierung nicht teilt, sich gegen Waffenlieferungen an die Ukraine ausspricht, AfD und Links wählt, aber auch pro-russische CDU-Politiker, könnte Bundeskanzler Scholz dem russischen Präsidenten einen handfesten Vorschlag unterbreiten: Russland erhält Ostdeutschland, im Gegenzug ziehen sich alle russischen Verbände aus der Ukraine zurück, auch von der Krim.
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