13-11-2022
Politische Umnachtung
Kreml hör die Signale, der Südtiroler Landtag ist für eine diplomatische Lösung des Ukraine-Krieges

Von Wolfgang Mayr
Viele wollen mit dem russischen Kriegspräsidenten verhandeln. Die AfD, die Freiheitlichen in Österreich, die Lega und Forza Italia, David Richard Precht und Harald Welzer. Auch der Landtag des autonomen Südtirols der Republik Italien.
Vielleicht ist die Botschaft des Südtiroler Landtages beim russischen Kriegspräsidenten angekommen. Die Landtagsabgeordneten wollen den Krieg diplomatisch beenden. Vielleicht empfängt Putin Diego Nicolini von den Cinque Stelle, Paul Köllensperger vom Team K, Brigitte Foppa von den Grünen und Sandro Repetto (Partito Democratico) zu Friedensgesprächen. Sie fordern die Wiederherstellung des Völkerrechts und den Abzug der russischen Invasionstruppen.
Ganz so ernst gemeint aber ist diese Forderung offenbar nicht. So lehnte eine Mehrheit im Landtag den Antrag der regierenden Südtiroler Volkspartei ab, wonach die volle staatliche Souveränität der Ukraine wieder hergestellt werden und Russland auf die besetzten Gebiete verzichten muss. Die Begründung für die Ablehnung formulierte Diego Nicolini von den Cinque Stelle, es obliege nicht dem Landtag, den Ukrainern und Russen vorzuschreiben, was sie zu tun hätten. Sollten nicht die russischen Invasionstruppen die Ukraine verlassen?
Nicolini spielt ein mieses Spiel, er setzt die ukrainischen Opfer mit den russischen Tätern gleich. Es ist doch sattsam bekannt, dass die Ukraine die Russen loshaben will, deshalb wehren sich die UkrainerInnen vehement gegen die russische Soldateska. Die Haltung von Nicolini verwundert keineswegs. Die Cinque Stelle und ihr Vorsitzender Giuseppe Conte gelten als Russland-Versteher.
Seit Februar wüten die russische Armee, ihre kriminellen tschetschenischen Schergen und die Söldner der rechtsradikalen Wagner-Gruppe in der Ukraine. Die östliche und süd-östliche Ukraine wurden zusammengebombt. Hunderttausende Menschen wurden nach Russland deportiert, derzeit attackiert die russische Luftwaffe ausschließlich zivile Einrichtungen. Warum wollen die Friedensapostel des Landtages den Russen nicht vorschreiben, das zu unterlassen?
Was stört die Friedensfraktion im Landtag an der restlosen Wiederherstellung der ukrainischen Souveränität, das auch heißt, dass sich die russischen Killertruppen aus den besetzten Gebieten zurückziehen. Der Donbas ist nicht russisch, auch wenn ein Großteil der Bewohner russisch spricht. Das zaristische Russland und die russisch dominierte Sowjetunion unterdrückten bis in die letzten Winkel die ukrainische Sprache. Russifizierung, das Instrument des Zarismus und des roten Faschismus.
Die russischsprachigen östlichen und südöstlichen Regionen „fühlen“ ukrainisch. So stimmten die Bürgerinnen und Bürger in den russischsprachigen Regionen 1991 mehrheitlich für die Unabhängigkeit. Auf der Krim 54 Prozent, in den übrigen russisch besetzten Gebieten bis zu 90 Prozent. Die russischen Behörden agieren in diesen Regionen wie einst das faschistische Regime von Benito Mussolini. Das Land wird russifiziert, beinhart, radikal, gründlich, kompromisslos. Die Menschen dort wurden keineswegs gefragt, ob sie „russifiziert“ werden möchten.
Auch Sven Knoll von der „patriotischen“ Südtiroler Freiheit fiel mit einer klugen Wortmeldung auf: „Die Grenzen zwischen Staaten und Nationen stimmen nie überein – die Bevölkerung soll in einem echten Referendum selbst darüber entscheiden.“ Nur, die Bevölkerung dort hat sich schon entschieden, für die Ukraine, gegen Russland.
Die Ukraine verteidigt ihre Existenz, das Leben ihrer Menschen, ihre Freiheit. Besonders dank der praktischen US-Hilfe. Ansonsten ist von westlichen Sicherheitsgarantien wenig zu halten. Nicht von ungefähr garantiert sich Israel die Sicherheit selber.
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