20-08-2022
Ost-deutsche Handwerker und die Ukraine
Handwerker in Sachsen-Anhalt fordern ein Ende der Russland-Sanktionen
Von Wolfgang Mayr
Die Position dieser Handwerker ist klar und deutlich: „Die breite Mehrheit ist nicht gewillt, für die Ukraine ihren schwer erarbeiteten Lebensstandard zu opfern“. Die Ukraine ist also ihr Thema nicht. Und, der Krieg „ist auch nicht unser Krieg!“
Die anti-ukrainischen Handwerker finden außerdem, dass die Ukraine kein lupenreiner demokratischer Staat ist. Sie verweisen auf die weit verbreitete hohe Korruption in der Ukraine. Die ostdeutschen Handwerker haben aber den Bericht von Transparency nicht zu Ende gelesen. Transparency kritisiert die Parteienfinanzierung und den regellosen Lobbyismus in Deutschland. Genauer: Transparency verweist auf illegale Parteispenden, intransparentes Sponsoring, zweckentfremdete Steuermittel und gestückelte Wahlkampfspenden.
Die Ukraine ist also kein lupenreiner demokratischer Staat und außerdem korrupt. Anders formuliert, es ist also egal, wenn die russischen Streitkräfte – die Armee eines korrupten mafiösen Staates – die Ukraine plattwalzt, in Schutt und Asche bombt.
So wie es einst die Vorfahren dieser Handwerker im Zweiten Weltkrieg taten. Die Wehrmacht und andere terroristische bewaffnete Verbände Nazi-Deutschlands plünderten und mordeten in der Ukraine, ein blutgetränktes Land. Für die flächendeckende Zerstörung von Land und Leute durch deutsche Landser und SSler gab es keine Wiedergutmachung aus Deutschland. In der Aufarbeitung der Nazi-Vergangenheit mit ihren monströsen Verbrechen kommt die Ukraine nicht vor. Zufall?
Haben diesen Brief an Bundeskanzler Scholz die in der AFD organisierten Handwerker geschrieben? Neben Teilen der Linken kann sich der russische Präsident auf die „Solidarität“ der AFD verlassen. Stramm auf der Seite Putins und seiner Politik. Die da heißt, Invasionskrieg, Zerstörung von Städten und Infrastrukturen, Vertreibung, Besetzung ukrainischen Territoriums, gezielter Beschuss von Wohnvierteln, Vergewaltigungen und Morde. Wenn die ukrainische Verteidigung nicht der Krieg dieser deutschen Handwerker ist, dann ist im Umkehrschluss der russische Krieg ihr Krieg.
In diesem Krieg kommen unzählige Menschen ums Leben. Die russischen Truppen zerstören aber auch gezielt ukrainische Kulturgüter, um die kulturelle Identität der Ukraine zu vernichten, klagen Denkmalpfleger Denis Yashny und Kulturwissenschaftlerin auf „Ukraine verstehen“ an: „Die Zerstörung von Kulturgütern ist eines der wichtigsten politischen Instrumente des Kremls im Zuge der bewaffneten Aggression gegen die Ukraine – und das nicht erst seit Beginn des Krieges am 24. Februar. Bereits bei der Besetzung und Annexion der Krim 2014 und der Teilbesetzung des Donbass hatte Russland dieses Ziel verfolgt“.
Die beiden Wissenschaftler listen die Zerstörung ukrainischer Kulturstätten 2014 in der von russischen Spezialeinheiten besetzten Krim und der östlichen Ukraine auf. Mit einem virtuellem Museum
dokumentiert die Ukraine den russischen Krieg.
Zum Beispiel auf der Krim. So wurde die antike griechische Stätte Chersones in der Nähe von Sewastopol 2015 von den russischen Besatzungsbehörden „modernisiert“. Teile der Ruinen wurden zerstört, aus der antiken Stätte wurde ein Freizeitpark. Die Taliban lassen grüßen.
Ein weiteres Beispiel: Die russischen Besatzungsbehörden auf der Krim ließen das Kulturerbe der Krim-Tataren – den Bachtschissarai-Khan-Palast – „restaurieren“. Ein Zeugnis für üblen Kolonialismus.
Die russischen Besatzer genehmigten auch Ausgrabungen auf der Festung Sudak, einer Befestigungsanlage der genuesischen Handelsära.
Die seit dem 24. Februar über Teile der Ukraine hinwegrollende russische Invasion ist also auch ein Angriffskrieg gegen die ukrainische kulturelle Identität. Die russischen Besatzer gehen in den derzeit besetzten Gebieten der Regionen Cherson, Saporischschja, Donezk und Luhansk gegen das ukrainische Kulturerbe vor. Die „Behörden“ ließen die Sammlungen des Museums für Regionale Geschichte in Melitopol und des Kunstmuseums in Cherson „beschlagnahmen“, also rauben.
In den russisch besetzten Städten Mariupol, Lysychansk, Siverodonezk, oder Rubizhne sind 90 Prozent aller historischen Gebäude zerstört. In Lysychansk wurde ein Gebäudekomplex, der als das größte belgische Kulturerbe im Ausland gilt, zerstört. Russische Raketen haben Museen in Mariupol, Volnovakha, Popasna und Izyum zerstört. In Charkiw, Mykolajiw und in der Region Saporischschja vernichteten russische Bomben zahlreiche Kulturdenkmäler.
Denkmalpfleger Denis Yashny und Kulturwissenschaftlerin listen in ihrem Artikel „Perfide Kriegsstrategie – wie Russland ukrainische Kulturgüter zerstört“ auch den groß angelegten Raub von Kunstschätzen auf, belegen, wie die russische Armee auch gegen die Kulturgüter der Minderheiten vorgeht. Detailliert nachzulesen auf „Ukraine verstehen“.
Kurzum, was jetzt geschieht, ist die zerstörerische und vernichtende „Politik“, erprobt und ausgeführt auf der Krim und in der Ost-Ukraine. Vernichtung auf größerem Maßstab. Dazu zählen auch die Unterdrückung der krimtatarischen Sprache, die Leugnung der ukrainischen Sprache, die Manipulation historischer Fakten, das Abstreiten der Existenz der Ukraine als souveräner Staat sowie das Schüren interregionale Feindschaft. Russland leugnet auch die Existenz der Krimtataren als indigenes Volk auf der Krim.
Also, die ukrainische Verteidigung ist nicht der Krieg der sächsischen Handwerker. Anders rum, also ist die russische Invasion ihr Krieg. Damit stehen sie in der Tradition ihrer Vorväter, verhaftet im Geist des berüchtigten Hitler-Stalin-Pakts von 1939.
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