In Übersee

Die “anderen Franzosen” wählten wie das “Mutterland”

Von Wolfgang Mayr

In den fernen Rest-Kolonien Frankreichs triumphierten die Zentrumsparteien und die Linke. Fast ein ähnliches Stimmungsbild wie in den “inneren Kolonien” Ipparalde, Corsica und Breizh.

Das französische Innenministerium betitelt die etwas anderen Abgeordneten der Nationalversammlung als „Regionalisten“.  Ein Sammelbegriff für die Parlamentarier aus Korsika, der Bretagne, Polynesien, Martinique oder Guyana. Ein nur teilweise zutreffender Begriff. Aber immerhin erkennt das Innenministerium des strikten Zentralstaates eine gewisse “Diversität” an.

Polynesien

Die Pariser Zentrale wird sich über die Wahlergebnisse in Polynesien freuen. Dort setzten sich die beiden Kandidaten der mitte-rechten Autonomiepartei Tapura Huiraatira gegen die bisherigen Mandatare der linken Unabhängigkeitspartei Tavini Huiraatira durch. Ein Problem weniger für die Zentrale. War die Wahl eine Art Abstimmung gegen die Unabhängigkeit von Frankreich? Bei den Insel-Wahlen vor einem Jahr gewann Tavini Huiraatira haushoch vor den Loyalisten.

Neu-Kaledonien

Neu-Kaledonien bleibt hingegen gespalten, zwischen Unabhängigkeitsbefürwortern und Loyalisten. Der Unabhängigkeitspolitiker Emmanuel Tjibaou erzielte in seinem Wahlkreis die Mehrheit, im zweiten Wahlkreis setzte sich der Loyalist Nicolas Metzdorf durch, ein Parteigänger von Präsident Macron. Den Parlamentswahlen sind auch gewalttätige Auseinandersetzungen vorausgegangen. Anlass dafür war die Wahlrechtsänderung zugunsten französischer Zuwanderer, auf Kosten der kanakischen Ureinwohner.

Le Reunion

Fast strikt gegen die Zentrale wurde auf Reunion im indischen Ozean gestimmt. Sechs der sieben Parlamentarier:innen gehören dem linken Parteienspektrum an, in nur einem Wahlkreis verdrängte das Rassemblement National den bisherigen gemäßigten Rechten. 

Martinique

Auf der Karibik-Insel konnte die 2019 gegründete linke Partei Martini Péyi-A abermals punkten. Wie schon bei den letzten Parlamentswahlen gingen zwei der vier Wahlbezirke an Marcellin Nadeau und Jean-Philippe Nilor von Péyi-A, die der neuen Volksfront angehört. Auch die beiden übrigen Wahlkreise “eroberten” Kandidaten der Linken.

Guadaloupe

Max Mathiasin, laut französischem Innenministerium ein “Regionalist”, siegte gegen seinen Herausforderer vom Rassemblement National. Auch die restlichen drei Wahlkreise holten sich die Linken und die Macron-Partei. 

Guayana

In Guayana siegte – wie schon bei den letzten Wahlen – im ersten Wahlkreis Jean-Victor Castor von der linken Unabhängigkeitsbewegung für Dekolonisierung und soziale Emanzipation (MDES). Castor kritisiert die soziale Ungerechtigkeit und die Marginalisierung seines Landes innerhalb der Republik. MDES wirbt zwar für die Unabhängigkeit, drängt aber auf dem Weg dorthin auf eine weitreichende Territorialautonomie.

Der zweite Wahlkreis ist fest in der Hand der Melenchon-Partei “La France insoumise”, linkspopulistisch, EU und NATO feindlich, manche Kommentatoren beschreiben LFI auch als antisemitisch und pro-russisch. Le Pen lässt grüßen.

Wallis, Mayotte, St. Martin- Saint-Barthélémy und Saint-Pierre Miquelon

Diese Kolonien im Pazifik, im Indischen Ozean, in den Antillen und im Atlantik vor der kanadischen Küste wählten fast nur Zentrums-Kandidat:innen in die Nationalversammlung nach Paris. Drei der vier Parlamentarier gehören dem Zentrum an. Nur auf Mayotte im Indischen Ozean setzte sich die Kandidatin des Rassemblement National durch. 

Siehe auch: Regions et Peuples Solidaires; Martini Péyi-A; MDES, Tavini Huiraatira; Parlamentswahlen 2024, 

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