Frei zum Plündern

Im brasilianischen Regenwald wird es keinen besonderen Schutz für die indigenen Völker geben.

Von Wolfgang Mayr

Es wird im Amazonas-Becken keine weiteren geschützten indigene Territorien geben. Das Parlament ließ den linken Präsidenten Lula da Silva mit seinem Projekt auflaufen. Die rechten Parlamentarier in Kumpanei mit den mächtigen Interessengruppen stimmten für die Beibehaltung eines entsprechenden Bolsonaro-Gesetzes. Ein Gesetz zum schrankenlosen Plündern und ein Gesetz zur Enteignung der indigenen Völker.

Die Anhänger des abgewählten Präsidenten Bolsonaro, konservative und rechtsradikale Parlamentarier, stellen die Mehrheit im Kongress. Bolsonaro und sein – in der vergangenen Amtsperiode genehmigtes – Gesetz verhindern nach abermaliger Bestätigung künftig die Ausweisung indigener Schutzgebiete. Bolsonaro und seine Förderer, die Agrar-Lobby und die Bergbau-Konzerne, wollen freie Hand im Amazonas. Nun drohen laut der Indigenen-Organisation Apib Vertreibung, endgültiger Landverlust und weitere Schäden für den Regenwald.

Laut dem Bolsonaro-Gesetz darf nur Land als Schutzgebiet anerkannt werden, das zum Zeitpunkt der Verkündung der brasilianischen Verfassung 1988 von Indigenen bewohnt wurde. Indigene argumentieren, dass sie zu diesem Zeitpunkt durch die davor herrschende Militärdiktatur aus vielen ihrer Gebiete vertrieben worden waren. Unabhängig von diesem Datum, widerspricht Apib, hätten die indigenen Völker ein Anrecht auf ihre traditionellen Territorien.

Die Ureinwohner-Vereinigung Apib wandte sich bereits an das Oberste Gericht. Apib hofft, dass die Höchstrichter das Bolsonaro-Gesetz für verfassungswidrig erklären.

Bereits im September hatte das Gericht das Bolsonaro-Gesetz mit seiner zeitlichen Begrenzung der Ansprüche zurückgewiesen. Trotzdem setzte sich die Bolsonaro-Mehrheit im Parlament über die Gerichtsentscheidung hinweg und drückte das umstrittene Gesetz durch. Präsident Lula scheiterte mit seinem Veto.

Menschenrechtsorganisationen wie „Survival International“ und die Gesellschaft für bedrohte Völker kritisierten die Parlamentsentscheidung als den „den schwersten und bösartigsten Angriff auf die Rechte indigener Völker seit Jahrzehnten“. Verantwortlich dafür seien Großgrundbesitzer, die Agrarindustrie und die Bergbauunternehmen.

Das wieder bestätigte Bolsonaro-Gesetz legalisiert die illegal in indigenes Land eingedrungenen Holzfäller und Viehzüchter, die meist gewalttätig gegen die Ureinwohner vorgehen. Die rechten Parlamentarier verteidigen ihre Entscheidung, man habe „juristische Sicherheit für den Landwirtschaftssektor“ geschaffen.

Diese juristische Sicherheit gilt nicht für die 800.000 Indigenen, die meistens in Reservaten leben, die 14 Prozent der Landesfläche ausmachen. 

Lula-Vorgänger Bolsonaro hatte als Interessensvertreter der Agrar- und Bergbau-Industrie die Landzuteilung an Indigene ausgesetzt. Bolsonaro hatte angekündigt, „keinen Zentimeter mehr“ an Indigene abgeben zu wollen. Gleichzeitig nahm auch die Abholzung rasant zu. Experten sehen die Schutzgebiete als Damm gegen die Abholzung des Regenwaldes. 

Präsident Lula versuchte gegenzusteuern, wies im April sechs neue indigene Schutzgebiete aus und garantierte den Ureinwohnern die Nutzung der natürlichen Ressourcen. 

Kritiker befürchteten, indigene Gemeinschaften werden vertrieben, weil ihr Land nun offen steht für die Agrar- oder Bergbauindustrie, mit schwerwiegenden Folgen für die Umwelt und die Menschen.

Laut „Survival International“ zerreißt das parlamentarisch bestätigte Bolsonaro-Gesetz viele der in der Verfassung garantierten rechtlichen Schutzmaßnahmen für indigenes Land. Survival befürchtet den Untergang großer Teile des Amazonasgebiets und der übrigen brasilianischen Wälder.

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