Bismarck nach Bautzen / Budyšin: Was wie eine Posse klingt, lässt einen sprachlos zurück

Von Bundesarchiv, Bild 183-R68588 / P. Loescher & Petsch / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de,

Von Jan Diedrichsen

Als ich zum ersten Mal las, dass sich Kommunalpolitiker in Bautzen / Budyšin darüber den Kopf zerbrechen, auf Initiative eines Gesangsvereins am Czorneboh / Čornobóh dem Eisernen Kanzler, Bismarck, sein Denkmal, das 1950 zerstört wurde, zurückzugeben, musste ich an eine Lokalposse denken. Als deutsche Nordschleswiger kennen wir im Süden Dänemarks unseren „Denkmal-Bismarck“ und die geschichtspolitische Symbolik, die hier schlummert.

Leider ist der Bautzener-Bismarck-Fall bislang noch nicht als lokale Posse versandet. Der SPD-Oberbürgermeister meint es anscheinend ebenfalls ernst. Bismarck sei kein Verbrecher gewesen – und er könne die ganze Aufregung nicht verstehen. Dass ein Sozialdemokrat den erklärten Feind der Arbeiterbewegung so monumental ehren will, erscheint doch recht seltsam.

Dass Bismarck in der historischen Rückschau differenziert betrachtet werden muss, tut als Argument nicht zur Sache: Seine „Eindeutschungsversuche“ der Minderheiten – ob nun Sorben oder Dänen, von den Sinti und Roma im damaligen Reichsgebiet gar nicht zu reden, ist hinreichend dokumentiert. Den Bismarck ins Siedlungsgebiet der Sorben zu platzieren, kann nur als Affront aufgefasst werden und nicht allein als historisch unsensibel.

Die Lausitzer Sorben wehren sich gegen die Pläne. Das Sorbische Institut / Serbski institut und der Dachverband der Sorben, die Domowina, haben sich eindeutig positioniert. Das ist richtig so und erfährt aus Minderheitenkreisen in Deutschland und Europa Unterstützung und Solidarität. Erschreckend, aber leider nicht unerwartet auftretend, ist der Hass, der sich in den sozialen Medien entlädt und den Sorben als quasi Nachfahren von „Landesverrätern“ teilweise entgegenschlägt. Es bleibt zu hoffen, dass die Lokalpolitik in Bautzen / Budyšin sich besinnt. Falls man ein Denkmal setzen möchte, dann muss man nicht zwangsweise nach Friedrichsruh bei Aumühle schauen, sondern kann den Blick in die Umgebung der wunderschönen Lausitz nach Radibor / Radwor werfen – Alojs Andritzki würde sich anbieten.

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