Ausgeträumt?

Die Scottish National Party strebt nicht mehr die Eigenstaatlichkeit an.

Von Wolfgang Mayr

In Schottland stottert der Unabhängigkeitsmotor, ähnlich wie in Katalonien. Bei den regionalen katalanischen Wahlen verloren die “sezessionistischen” Parteien ihre seit zehn Jahren gehaltene Parlamentsmehrheit.

In Schottland sind mit den Abgängen von Alex Salmond (er trat nach dem gescheiterten Unabhängigkeitsreferendum 2014 zurück, es gab – inzwischen widerlegte – Vorwürfe sexuellen “Fehlverhaltens” und er gilt als Kreml nah), Sturgeon und Humza Yousaf die Weichen neu gestellt worden.

Yousaf ließ vor einigen Wochen seine Regierung mit den Grünen platzen. Vordergründig wegen der “Gender”-Politik der Grünen, hauptsächlich aber wegen der Klima-Forderungen des grünen Koalitionsparnters.

Mit John Swinney, er war schon in den 2000er Jahren SNP-Vorsitzender und schottischer Minister, als Nachfolger an der Spitze der Regierung und der Regierungspartei scheint sich die SNP umzusortieren. Die Eigenstaatlichkeit steht nicht mehr am ersten Platz der Agenda.

Swinney bekräftigte in der BBC-Scotland, dass er wie seine Vorgänger auch unverändert an der Unabhängigkeit festhält. Er will mit seiner Partei bei den nächsten britischen Wahlen im Januar 2025 die Parlamentsmehrheit verteidigen. Ein solches Votum bewertet Partei- und Regierungschef Swinney als ein Mandat für ein weiteres Unabhängigkeitsreferendum. 

Bei den britischen Parlamentswahlen 2019 stimmten 45 Prozent für die SNP, bei der Parlamentswahl in Schottland 40 Prozent. 

Teile der SNP reagierten aber skeptisch auf das Swinney-Bekenntnis. Der neue Ministerpräsident baute seine Regierung um und schaffte das Unabhängigkeitsministerium ab. Dieses Miniterium war bisher federführend bei der Ausarbeitung von Strategien für die Unabhängigkeit.

Außerdem ernannte Swinney Kate Forbes zur stellvertretenden Premierministerin, kritische Reaktionen waren die Folge. Forbes vertritt sozialkonservative Positionen zu LGBTQ-Rechten, sie lehnt gleiche Rechte für gleichgeschlechtliche Ehen ab. Forbes nannte gar uneheliche Kinder als “einen Fehler”. Die ehemaligen Regierungspartner, die Grünen, werfen deshalb Swinney einen Rechtsruck vor. Swinney hingegen betonte, “gemäßigt mitte-links” positioniert zu sein.

Swinney will den Schwerpunkt seiner Regierungsarbeit auf die Wirtschaft legen und sucht offensichtlich die Nähe zur Labor-Partei. Diese gilt in Schottland als Hauptgegner der SNP. Die britische Labor-Regierung von Toni Blair stärkte mit der Devolution-Politik die schottische Autonomie. 

Die SNP vertritt keinen ethnischen Nationalismus, sondern ein kommunitaristisches Konzept des inclusive nationalism, schreibt Wikipedia. Ähnlich wie die baskischen und katalanischen “Nationlist:innen”. Schottin oder Schotte ist, wer sich mit Schottland identifiziert, mit seiner Kultur und den demokratischen Werten. 

Schon 2007 wurde bei den schottischen Parlamentswahlen Bashir Ahmad auf der SNP-Liste Glasgow erstmals ein Abgeordneter mit “Migrationshintergrund” gewählt. Humza Yousaf, Sohn pakistanischer Einwanderer, war nach dem Abtritt von Sturgeon schottischer Ministerpräsident.

 

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